Euro Intern
"Euro Intern" enthält neben umfassenden Informationen zur Geldpolitik in der Eurozone und der EU auch wichtige Hintergrundinfos und Analysen mit Charts von EZB-Beobachtern.
Habeck: Deutschlandfonds muss vorfinanziert werden
Erscheinungsdatum Website: 01.11.2024 17:45:07
Erscheinungsdatum Publikation: 04.11.2024
BERLIN (Dow Jones)--Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat betont, dass der von ihm vorgeschlagene schuldenfinanzierte "Deutschlandfonds" zur Ankurbelung der Wirtschaft vorfinanziert werden muss, die genaue Summe aber offengelassen. "Das muss vorfinanziert werden. Ich sehe keine andere realpolitische Möglichkeit", sagte Habeck bei einer Pressekonferenz in Berlin. Diese Fondsidee sei auch für diejenigen, die auf einer strikten Einhaltung der Schuldenbremse bestehen, nach seiner Hoffnung ein gangbarer Weg, weil sie begrenzt sei.
"Es ist nicht die prinzipielle Öffnung oder Debatte um die Schuldenbremse", betonte Habeck. "Diese Debatte versuche ich auszusparen, indem wir eine punktuelle, konkrete Verabredung treffen und sagen, dieses Volumen für den Zeitraum steht zur Verfügung." Das genaue Volumen ließ Habeck auf Nachfrage offen. "Ich habe mit Absicht kein Volumen errechnet, um die Möglichkeit für Beiträge zu schaffen", sagte er. Es gebe aber Berechnungen, so habe etwa der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) eine mittlere dreistellige Milliardenzahl für die nächsten Jahre vorgesehen. "Wir reden hier schon von einem großen Volumen, das allerdings dann über viele Jahre verausgabt wird", konstatierte Habeck.
Mit Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) habe er die Diskussion um solche Maßnahmen häufig geführt. "Das ist ein Papier, das ist mir wohl bewusst, das über die Verabredungen im Koalitionsvertrag hinausgeht", räumte er ein. Aber die Wirklichkeit halte sich manchmal nicht an Verträge. "Und wir müssen ja zur Kenntnis nehmen, dass mit den bisherigen Maßnahmen nicht nur die wirtschaftliche Erholung zu langsam geht, sondern auch das Potenzialwachstum in Deutschland." Habeck nannte sein Impulspapier "ganz stark angebotsorientiert", es verbessere die Standortbedingungen und sehe Steuersenkungen vor. "Ein attraktiver Standort, der sollte auch ausfinanzierbar sein", betonte er.
Investitionsprämie von 10 Prozent geplant
Habecks Plan sieht vor, Investitionen mit Ausnahme von Gebäudeinvestitionen mit einer unbürokratischen Investitionsprämie von 10 Prozent im Jahr für alle Unternehmen zu fördern. Die Prämie soll laut dem Impulspapier auf die Steuerschuld des Unternehmens verrechnet werden. Sei sie höher als die Steuerschuld oder macht das Unternehmen gar keine Gewinne, werde die Differenz oder die komplette Prämie ausgezahlt. Die Maßnahme soll zeitlich auf die nächsten fünf Jahre befristet werden. Der Fonds soll auch genutzt werden, um die Infrastruktur auf Vordermann zu bringen und den nötigen Ausbau zu finanzieren.
"Das größere Wirtschaftswachstum würde dafür sorgen, dass die Staatsverschuldung im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung nur moderat ansteigen würde", erwartet der Wirtschaftsminister in dem Papier. Habeck fordert in dem Plan zudem eine deutliche Senkung der Stromkosten. Weitere Punkte des Reformkonzepts sind eine neue Innovationsdynamik, schnellere und einfachere Genehmigungen, Klimaschutz als Standortfaktor, das Heben von Arbeits- und Fachkräftepotenzialen und eine "Offensive für neue Handelsverträge". Das Impulspapier sei ein Beitrag zu der Diskussion mit Wirtschaftsvertretern, zu der Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eingeladen habe.
Regierungssprecher Steffen Hebestreit wollte bei einer anderen Pressekonferenz vorerst keine Bewertung der Vorschläge vornehmen. "Mit dem Kanzler ist das nicht abgestimmt", sagte er. "Aber das muss es ja auch gar nicht. Das ist jetzt ein Impulspapier, also ein Vorschlag in der politischen Debatte." Mit dem Treffen im Kanzleramt würde er "das jetzt nicht in enge Verbindung setzen". Die Regierung bemühe sich intensiv, die schwächelnde Wirtschaft in Deutschland wieder anzukurbeln. "Der Bundeskanzler wird kommende Woche einen kleinen ausgewählten Kreis zu einem vertraulichen Meinungsaustausch im Kanzleramt empfangen", sagte er. "Es soll mehrere dieser Gespräche geben, und am Ende soll es auch Ergebnisse geben."
DJG/ank/brb/04.11.2024