Märkte der Welt

Der Newsletter "Märkte der Welt" enthält - nach Regionen gegliedert - wöchentliche Zusammenfassungen und Hintergrundanalysen der wichtigsten Nachrichten zur Außenwirtschaft sowie Informationen zu Auslandsaktivitäten deutscher Unternehmen unterschiedlichster Branchen. Zudem sind weiterführende Kontaktadressen mit Ansprechpartnern angegeben. Die Berichterstattung wird durch das weltweite Netz der Bundesagentur für Außenwirtschaft (bfai) unterstützt und ist mit Grafiken und Charts angereichert.
Für die Zahlungsabwicklung in Indien viel Zeit und Geld einplanen
Erscheinungsdatum Website: 14.08.2012 11:50:04
Erscheinungsdatum Publikation: 16.08.2012
NEW DELHI (MdW/gtai)--Deutsche Unternehmen müssen beim Zahlungsverkehr in Indien einige Besonderheiten beachten. Umfangreiche Informationen über Kunden sollten eingeholt und Geschäfte - vor allem beim Export - in jedem Fall abgesichert werden. Die Zahlungsmoral gilt als wenig ausgeprägt, und das Forderungsmanagement erweist sich als zeit- und kostenintensiv. Für indische Tochterunternehmen ausländischer Firmen ist es möglich, sich am lokalen Markt zu finanzieren. Die Vorschriften und nationalen Besonderheiten beim Zahlungsverkehr in Indien sind insbesondere für Marktneulinge unübersichtlich. Es ist daher empfehlenswert, in diesem Bereich auf erfahrenes Personal zurückzugreifen. Zahlungsvorgänge mit indischen Geschäftspartnern sowie die Abwicklung von Bankgeschäften sollten möglichst einem Chartered Accountant mit entsprechender Expertise im Im- und Export anvertraut werden. Darüber hinaus müssen Unternehmen sich laufend über rechtliche Änderungen im Zahlungsverkehr informieren. Die aktuellen Vorschriften können auf der Internetseite der indischen Zentralbank, der Reserve Bank of India (RBI), nachgelesen werden. Tochtergesellschaften ausländischer Unternehmen, die in Indien als Private Limited Company oder als Branch Office registriert sind, haben die Möglichkeit, sich auf dem lokalen Kreditmarkt zu finanzieren. Die Kreditinstitute sind bei der Vergabe von Darlehen infolge der Finanzkrise zwar zurückhaltender geworden, dennoch ist es laut Informationen aus Unternehmerkreisen nach wie vor recht unproblematisch, einen Kredit zu erhalten. Die Kosten für eine Finanzierung haben sich vor dem Hintergrund der anhaltend hohen Inflation jedoch deutlich erhöht.
Zinsen auf Kredite in indischen Rupien für das laufende Geschäft betragen aktuell etwa 12 bis 14%. Das Zinsniveau für Kredite, die für Anlageinvestitionen aufgenommen werden, liegt etwa ein bis zwei Prozentpunkte darunter. Sowohl indische als auch ausländische Unternehmen greifen zumeist auf die Dienste privater indischer Banken oder Niederlassungen ausländischer Banken in Indien zurück. Die staatlichen indischen Banken bieten Kredite in der Regel zwar zu etwas günstigeren Konditionen an. Sie seien jedoch weniger flexibel und benötigten mehr Zeit für die Bearbeitung, so Unternehmen vor Ort.
Für Geschäfte mit indischen Partnern stehen verschiedene Arten der Zahlungsabwicklung zur Verfügung. Insbesondere Erstgeschäfte sollten unbedingt abgesichert werden. Die Tatsache, dass es in Indien kein gerichtliches Mahnverfahren gibt und sich die Forderungseintreibung - gerichtlich und außergerichtlich - schwierig gestaltet, spricht unter Umständen auch im späteren Stadium einer Geschäftsbeziehung dagegen, auf den Zahlungswillen des Kunden zu vertrauen. Im Inlandsgeschäft ist der Kauf auf Rechnung mit Zahlungsziel der Regelfall. Eine weit verbreitete Praxis sind zudem vordatierte Schecks. Diese bieten eine recht hohe Sicherheit, da das "Platzenlassen" von Schecks auf dem Subkontinent konsequent strafrechtlich verfolgt wird. Neben der Zahlungsart werden in Indien auch sämtliche andere Vertragsinhalte hart und unter hohem zeitlichen Aufwand verhandelt. Dies gilt natürlich insbesondere für Preise - Kunden erwarten in der Regel hohe Nachlässe. Skonti sind hingegen eher unüblich. Zahlungsziele werden in Indien ganz individuell festgelegt. Tendenziell vereinbaren Firmen eher längere Fristen. Während für größere Aufträge 180 Tage üblich sind, ist die Zahlung bei kleineren Lieferungen, beispielsweise Verbrauchsmaterial, oft innerhalb von 90 Tagen fällig. Einige Firmen berichten aber, dass sie durchaus auch Ziele von 30 bis 60 Tagen durchsetzen können.
Die Zahlungsmoral gilt in Indien als nicht stark ausgeprägt. Zwar berichten einige ausländische Unternehmen von einer professionellen und unkomplizierten Zahlungsabwicklung mit ihren indischen Kunden. In der Regel beschreiben Firmen das Forderungsmanagement jedoch als äußerst zeit- und kostenintensiv und preisen ein Überziehen der Fristen direkt ein. Rechnungen würden zum Teil Monate oder gar Jahre nach Termin beglichen. Bei wiederkehrenden Bestellungen sei es durchaus gängige Praxis, die Zahlung erst dann vorzunehmen, wenn der Folgeauftrag platziert wird. Dies gelte nicht nur für private Unternehmen, sondern auch für staatliche Stellen, wobei bei letzteren die Chance, das Geld schließlich doch noch zu erhalten, als höher eingeschätzt wird.
Vor diesem Hintergrund ist ein hoher Personalaufwand notwendig, um säumige Kunden an ihre Zahlungsverpflichtungen zu erinnern. Ein gerichtliches Mahnwesen ist nicht vorhanden, und die Erfolgsaussichten, fällige Beträge einzuklagen, sind eher gering, da Rechtsstreitigkeiten in Indien kostenintensiv und langwierig sind. Beim Inkassoindikator International von Creditreform erreicht Indien lediglich 3,8 von 10 möglichen Punkten und belegt damit den vorletzten Platz von 32 untersuchten Ländern. Der Indikator gibt an, wie die Chancen stehen, notleidende Forderungen einzutreiben. Laut Einschätzung von Creditreform lohnt es sich daher kaum, bereits angemahnte Forderungen überhaupt weiter zu verfolgen. Die größten Erfolgsaussichten birgt laut Unternehmen vor Ort ein außergerichtlicher Vergleich. Entsprechende Dienstleistungen bietet beispielsweise die Deutsch-Indische Handelskammer an.
Die Bonität eines neuen Kunden sollte in Indien grundsätzlich geprüft werden. Die Bedingungen der Informationsbeschaffung sind zwar verhältnismäßig schwierig, haben sich in den letzten Jahren allerdings verbessert. Geprüfte Bilanzen können beim Registrar of Companies, dem indischen Handelsregister, eingesehen werden. Auskünfte über die Zahlungsfähigkeit einer Vielzahl von Unternehmen sind bei privaten Auskunfteien erhältlich. Größter Anbieter ist das Credit Information Bureau India Ltd (Cibil), das auf Initiative verschiedener indischer Banken gegründet wurde und über Bonitätsinformationen sowohl zu Unternehmen als auch zu privaten Konsumenten verfügt. Darüber hinaus sind zum Beispiel die Credit Rating and Information Services of India Ltd., die mehrheitlich der Standard & Poor's Gruppe zugehörig ist, Dun & Bradstreet, die mit ihrer indischen Tochter auch an CIBIL beteiligt sind, sowie Coface am Markt vertreten. Die Aussagekraft der über Auskunfteien einholbaren Berichte in Indien ist umstritten. Von Marktkennern wird empfohlen, zusätzlich die Netzwerke der eigenen lokalen Mitarbeiter zu nutzen und so informelle Informationen über Geschäftspartner zu erhalten. Exportfinanzierung Geschäftsbanken und spezielle Finanzierungsinstitute bieten verschiedene Finanzierungsmöglichkeiten für Auslandsgeschäfte an. Die wichtigsten deutschen Kreditgeber im Exportgeschäft sind die Ausfuhrkredit-Gesellschaft (AKA) und die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW).
Anna Westenberger (gtai)