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Erscheinungsdatum Website: 25.09.2009 16:10:02
Erscheinungsdatum Publikation: 28.09.2009

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Bosch verschiebt Expansion

FRANKFURT (rus)--Der weltgrößte Autozulieferer Bosch legt wegen der Absatzkrise seine Russland-Pläne vorerst auf Eis. Die Expansion in dem Wachstumsmarkt werde nicht grundsätzlich infrage gestellt, sich aber um eineinhalb bis zwei Jahre verzögern, sagte Russland-Chef Réné Schlegel bei einer Diskussion über die Zukunft des russischen Automarktes am Rande der Internationalen . Automobilausstellung. Zur Begründung verwies er darauf, dass westliche Hersteller in Russland derzeit wenig Volumen nachfragten. Außerdem stelle die russische Industrie nach wie vor sehr viele Teile in Eigenregie her. "Bosch hat bisher drei Standorte in Russland. In der Wolga-Stadt Engels etwa stellen rund 1.000 Beschäftigte Autoteile her. Geplant sei, künftig auch Diesel-Technologie und Sicherheitssysteme wie ABS in Russland zu produzieren, sagte Schlegel. Es sei davon auszugehen, dass der russische Autoabsatz in der kommenden Dekade auf 3,5 bis 4 Mio Autos im Jahr ansteigen werde. Daher seien weitere große Investitionen in den Markt nötig, so Schlegel weiter.

Die Zulieferindustrie in Russland hinkt der anderer aufstrebender Märkte noch weit hinterher, erklärte VW-Vertriebschef Detlef Wittig. Mit Blick auf die eigene Fabrik in Russland sagte er: "Wir werden die erforderlichen 30% an lokaler Fertigungstiefe erreichen, aber nicht mehr." 30% ist laut Gesetz ("Degree 166") der Minimalanteil an lokalem Content, den auländische Unternehmen erreichen müssen, um in den Genuss von Zuschüssen und vergünstigten Einfuhrzöllen zu kommen. Zum Vergleich: In China liegt der Anteil bei 90%, in Indien bei bis zu 80%. "Es sind aufgrund der überkommenen, stark vertikalisierten Industriestruktur zu wenige Partner da", sagte Wittig. In Russland gebe es keine funktionierende mittelstandsähnliche Struktur. Stattdessen hätten die Staatsholdings immer noch ein zu großes Gewicht. "Das sind große administrative Gebilde, ohne Unternehmergeist", sagte Wittig den NfA. Man müsse in Russland aufhören nur zu reparieren, sondern müsse neu aufbauen. Wittig forderte die Politik auf, die Strukturen "zu zerschlagen, zu zerhacken und zu privatisieren". VW habe sich bei seiner Expansion nach Russland deshalb bewusst dagegen entschieden, bei einem der "großen Dinosaurier" zu investieren. "Wir sind lieber auf die grüne Wiese gegangen." VW betreibt seit Nevember 2007 ein Werk in Kaluga, etwa 150 km von Moskau entfernt. Die Folge der ineffizienten Struktur der russischen Zulieferindustrie sei, dass das Kostenniveau in Russland weit über dem in Westeuropa liege, so Wittig. Während es für mechanische Teile oft kompetente lokale Lieferanten gebe, sei das bei Mechatronik- und Elektronik-Komponenten nicht der Fall, ergänzte Schlegel.

Vor der Finanzkrise stand Russland vor der Ablösung Deutschlands als größten Automarkt Europas. Mittlerweile ist dieses Ziel in weite Ferne gerückt: Im August brach der Absatz in Russland um mehr als die Hälfte ein. Für das Gesamtjahr wird mit dem Verkauf von 1,4 Mio Autos nach 3,2 Mio im Vorjahr gerechnet. Nach dem beispiellosen Absatzeinbruch in diesem Jahr wird der russische Automarkt aber nach Expertenmeinung bald wieder zu den dynamischsten der Welt zählen. "Die dramatischen Zahlen ändern nichts an dem Grundsatz, dass Russland zu den größten Wachstumsmärkten der Zukunft gehören wird", sagte der Vorsitzende des Ost-Ausschusses der deutschen Wirtschaft, Klaus Mangold. "Der Autoabsatz wird sich im positiven Szenario bis zum Ende des kommenden Jahrzehnts auf 3,6 Mio mehr als verdoppeln", sagte Ralf Kalmbach, Head of Global Automotive Competence, bei der Unternehmensberatung Roland Berger.

rus/jek/bkl/25.9.2009

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