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EZB senkt Einlagensatz um 25 Basispunkte - neuer Zinskorridor

Erscheinungsdatum Website: 13.09.2024 17:40:07
Erscheinungsdatum Publikation: 16.09.2024

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FRANKFURT (Dow Jones)--Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat seine Geldpolitik wie erwartet gelockert. Wie die EZB mitteilte, sinkt der Satz für Bankeinlagen bei der EZB um 25 Basispunkte auf 3,50 Prozent. Es ist die zweite Lockerung nach der Senkung um 25 Basispunkte im Juni, die die erste seit 2019 gewesen war. Zugleich änderte die EZB ihren Leitzinskorridor. "Auf der Grundlage der aktualisierten Bewertung der Inflationsaussichten, der Dynamik der zugrunde liegenden Inflation und der Stärke der geldpolitischen Transmission durch den EZB-Rat ist es nun angebracht, einen weiteren Schritt zur Mäßigung der geldpolitischen Restriktion zu unternehmen", heißt es in dem Statement des EZB-Rats.

Der Hauptrefinanzierungssatz sinkt auf 3,65 (bisher: 4,25) Prozent und der Spitzenrefinanzierungssatz auf 3,90 (4,50) Prozent. Der EZB-Rat hatte bereits im März beschlossen, den Abstand zwischen Einlagen- und Hauptrefinanzierungssatz nach der Ratssitzung im September von 50 Basispunkten auf 15 zu verringern.

Der Abstand zwischen Spitzen- und Hauptrefinanzierungssatz bleibt wie zuvor bei 25 Basispunkten. Der Hauptrefinanzierungssatz findet Anwendung bei den Refinanzierungsgeschäften mit wöchentlicher und dreimonatiger Laufzeit. Zum höheren Spitzenrefinanzierungssatz können sich Banken Notliquidität bei der EZB borgen. In einem Umfeld sehr hoher Überschussliquidität wird das Marktzinsniveau von dem Zins bestimmt, zu dem Banken ihre überschüssigen Mittel bei der EZB anlegen können. Was zählt, ist also der Einlagenzins.

Zum weiteren Zinskurs heißt es in der Mitteilung: "Der EZB-Rat ist entschlossen, dafür zu sorgen, dass die Inflation rechtzeitig zu ihrem mittelfristigen Ziel von 2 Prozent zurückkehrt. Er wird die Leitzinsen so lange ausreichend restriktiv halten, wie es zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist."

Der EZB-Rat will laut der Mitteilung weiterhin einen datenabhängigen Ansatz verfolgen und von Sitzung zu Sitzung entscheiden, um die angemessene Höhe und Dauer der geldpolitischen Restriktion zu bestimmen. "Insbesondere werden seine Zinsentscheidungen auf seiner Einschätzung der Inflationsaussichten vor dem Hintergrund der eingehenden Wirtschafts- und Finanzdaten, der Dynamik der zugrunde liegenden Inflation und der Stärke der geldpolitischen Transmission beruhen. Der EZB-Rat legt sich nicht im Voraus auf einen bestimmten Zinspfad fest."

Die Aussagen zur Entwicklung der Anleihebestände wurden beibehalten.

Der volkswirtschaftliche Stab der EZB hob seine Prognosen für die Kerninflation leicht an und senkte die Wachstumsprognosen etwas. Wie die EZB mitteilte, wird für 2024 weiterhin mit einem Anstieg der Verbraucherpreise um 2,5 Prozent gerechnet. Im Jahr 2025 wird die Inflation unverändert bei 2,2 Prozent gesehen und 2026 bei 1,9 Prozent. Die neuen Prognosen für die Kerninflation lauten auf 2,9 (2,8), 2,3 (2,2) und 2,0 (2,0) Prozent.

Daneben rechnen die Volkswirte mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 0,8 (0,9), 1,3 (1,4) und 1,5 (1,6) Prozent.

Folgende Beschlüsse fasste der EZB-Rat im Einzelnen:

1. Leitzinsen sinken

Der Satz für Bankeinlagen bei der EZB sinkt um 25 Basispunkte auf 3,50 Prozent, der Hauptrefinanzierungssatz um 60 Basispunkte auf 3,65 Prozent und der Spitzenrefinanzierungssatz um ebenfalls 60 Basispunkte auf 3,90 Prozent.

2. APP-Anleihebestände nehmen moderat ab

Die Tilgungsbeträge fällig werdender Anleihen, die unter dem APP-Programm gekauft wurden, werden nicht wieder angelegt. Dadurch sinken die APP-Anleihebestände langsam und berechenbar.

3. PEPP-Bestände sinken um monatlich 7,5 Milliarden Euro

Die Tilgungsbeträge fällig gewordener Anleihen, die unter dem PEPP-Programm erworben wurden, sinken im zweiten Halbjahr um monatlich 7,5 Milliarden Euro. Ab 2025 findet keine Wiederanlage von Tilgungsbeträgen fällig gewordener Anleihen mehr statt.

4. Refinanzierungsgeschäfte

Der Rat will darauf achten, wie sich die Rückzahlung der langfristigen Refinanzierungsgeschäfte (TLTRO) durch die Banken auf die geldpolitische Ausrichtung auswirkt.

5. Spread-Kontrolle steht bereit

Der Rat ist bereit, im Notfall und unter bestimmten Voraussetzungen gezielt Anleihen bestimmter Staaten zu kaufen, wenn deren Zinsen die Übertragung der Geldpolitik behindern. Dazu stehe das Transmissionsschutzinstrument (TPI) zur Verfügung, um "einer ungerechtfertigten, ungeordneten Marktdynamik entgegenzuwirken, die eine ernsthafte Bedrohung für die Transmission der Geldpolitik in allen Ländern des Euro-Währungsgebiets" darstellt.

DJG/hab/apo/16.09.2024

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