Nachrichten für Außenhandel (NfA)
"Nachrichten für Außenhandel (NfA)" – die einzige deutschsprachige Tageszeitung für die gesamte Außenwirtschaft bietet einen schnellen und strukturierten Überblick über die wichtigsten Entwicklungen auf den internationalen Wachstumsmärkten.
Die NfA liefert hochwertige und praxisrelevante Hintergrundinformationen, ausführliche Analysen und Bewertungen - deutlich umfassender als in der Wirtschaftstagespresse. Im Fokus stehen die deutschen Exportbranchen mit Schwerpunkt auf Investitionsgütern
Deutschland: Produktionsengpässe verzögern die Erholung
Erscheinungsdatum Website: 14.09.2021 15:20:02
Erscheinungsdatum Publikation: 15.09.2021
Normalauslastung dürfte Ende 2022 erreicht sein / Von Andreas Kißler
HALLE/BERLIN (Dow Jones)--Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) hat seine Vorhersagen für die deutsche Wirtschaftsentwicklung deutlich gesenkt. In seiner neuen Prognose sagt das Institut voraus, dass das Bruttoinlandsprodukt 2021 um 2,2% und im Jahr 2022 um 3,6% zunehmen wird. Im Juni hatten die Ökonomen noch ein Wachstum des BIP um 3,9% in diesem und um 4% im kommenden Jahr erwartet. Für 2023 sagten sie in ihrer neuen Prognose eine BIP-Zunahme um 2,2% voraus.
Im Sommer 2021 sei die Erholung der deutschen Wirtschaft zwar gut vorangekommen, allerdings behinderten Engpässe beim Seetransport und der Herstellung von Vorleistungsgütern den Welthandel. Der Anstieg der Rohstoffpreise schlage sich in recht hohen Inflationsraten nieder. Auch trübe die Zunahme von Neuinfektionen die Aussichten wieder ein. In Deutschland seien im Sommer dank der Impfkampagne viele Einschränkungen von Dienstleistungsangeboten gelockert worden, und die privaten Haushalte hätten im zweiten Quartal wieder deutlich mehr konsumiert.
Dennoch liege der private Konsum weit unter Vorkrisenniveau, und ein rasches Aufholen sei angesichts der Angebotsbeschränkungen im Verarbeitenden Gewerbe und steigender Neuinfektionen nicht in Sicht. "Für das Jahr 2022 stehen die Chancen aber gut, dass die Wirtschaft ihren Weg in die Normalität wieder aufnimmt, auch weil sich die Situation auf den Arbeitsmärkten stetig bessert", sagte IWH-Vizepräsident Oliver Holtemöller. Das IWH rechnet mit einem Rückgang der Arbeitslosenzahl auf 2,636 Mio in diesem, 2,490 Mio im kommenden und 2,439 Mio im übernächsten Jahr und Arbeitslosenquoten von 5,7% im Jahr 2021 sowie 5,4% 2022 und 5,3% 2023.
Die Kapazitäten dürften zum Ende des Jahres 2022 wieder normal ausgelastet sein, zumal das Produktionspotenzial langsamer als vor der Krise wachse. Die Inflation bleibe auch in den nächsten Monaten weiter kräftig, da die CO2-Preise zu Beginn des Jahres 2022 weiter steigen würden, die aktuellen Verknappungen auf den internationalen Märkten wohl nur langsam zurückgehen und der Mindestlohn kräftig erhöht werde. In diesem Jahr dürfte die Inflation nach den Berechnungen des IWH 2,9% erreichen. Auch weil zu Beginn des kommenden Jahres Basiseffekte entfallen, dürfte die Inflationauf 2,6% und 2023 auf 1,7% zurückgehen.
Das gesamtstaatliche Haushaltsdefizit soltte sich in diesem Jahr auf 4,5% des BIP, 2022 auf 1,3 und 2023 auf 0,6% belaufen. Ein Risiko für die Konjunktur in Deutschland ergebe sich aus der engen Einbindung des deutschen verarbeitenden Gewerbes in die internationalen Wertschöpfungsketten. Deren derzeitige Störungen treffen die deutsche Wirtschaft laut Holtemöller besonders, und es sei schwer einzuschätzen, wann sie behoben sein werden. Zudem liege in der Pandemiebekämpfung zurzeit ein Risikofaktor, denn der Bevölkerungsanteil der Geimpften sei wohl zu niedrig, um eine Corona-Welle im Herbst zu verhindern.